Pfarrei Bellheim

“Wer auf Gott vertraut, braucht sich nicht zu fürchten” von Pfarrer Buchert

Gott befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.

Psalm 91,

Diese biblische Überlieferung ist wohl die Grundlage für den Glauben an die Schutzengel. Schon im 3. Jahrhundert sagte der heilige Basilius der Große: „Jedem Gläubigen steht ein Engel als Beschützer und Hirte zur Seite, um ihn zum Leben zu führen.“ Der Gedenktag der Schutzengel entstand dann aber erst im 15. Jahrhundert in Spanien und Frankreich durch die Verehrung des Erzengels Michael, welcher im Judentum mit dem Erzengel Gabriel als Fürbitter sowie Schutzengel des Volkes Israels gilt. 

Ab dem 17. Jahrhundert wurde das Schutzengelfest schließlich in der gesamten katholischen Kirche gefeiert, nachdem es Papst Clemens X. im Jahr 1670 verbindlich auf den 2. Oktober gelegt hat. Die Existenz von Engeln, als mächtige Geistwesen, die in der Welt Gottes und der Menschen eine Rolle spielen, wird immer wieder in der Heiligen Schrift erwähnt. Im Alten Testament ist der „Engel Gottes“, der hilfreiche Bote (Gen 16,7; 21,17; Ex 14, 19; 2 Kön 19,35). In späteren Schriften, z. B. im Buch Daniel, finden wir auch Namen von Engeln, denen bestimmte Aufgaben zugewiesen sind.

 Im Neuen Testament spielen die Engel eine Rolle im Leben Jesu (Lk 1, 26) und der Urkirche. Es gibt immer dämonische, satanische Mächte, und es gibt auch die guten Engel, die den Menschen helfen, sie führen und beschützen. Der Glaube an die Schutzengel stützt sich vor allem auf Mt 18,10: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters.“

 Die liturgische Verehrung der Schutzengel hat sich vor allem im 15. und 16. Jahrhundert verbreitet, zunächst in Verbindung mit dem Fest des Erzengels Michael, (29. September), der auch der Patron der Kirche von Weingarten ist. Auch heutzutage sind Schutzengel beliebt, ob als persönlicher Bodyguard, als Glücksbringer um den Hals oder als spirituelles Wesen. „Da waren Schutzengel am Werk.“ Zu diesem Schluss kommen viele Menschen, wenn eine plötzlich gefährliche Situation nochmal gut ausgegangen ist. Der Glaube an Engel, die uns beschützen, ist weit verbreitet.

 Der Religionspsychologe Sebastian Murken geht sogar so weit zu sagen, dass mehr Deutsche an Engel glauben als an Gott. Hinzu kommt, dass sich viele Menschen Gott eher distanziert, kontrollierend oder sogar strafend vorstellen. Der Gedanke an einen persönlichen Schutzengel hingegen hat in den Köpfen Vieler etwas Tröstliches. Gibt es sie wirklich, die Engel und entsprechen sie unserer heutigen Vorstellung von unsichtbaren und geflügelten Bodyguards, die jeden von uns persönlich begleiten? 

In zwei Punkten sind die Aussagen der Bibel eindeutig: Engel gibt es wirklich. Und Engel haben eine Aufgabe. Einer der bekanntesten Bibelverse über Engel ist der eingangs zitierte Psalm 91, 11-12. Hier wird deutlich, dass Engel nicht selbstständig agieren, sondern weil sie von Gott beauftragt werden. Eine dieser Aufgaben scheint laut dieser Textpassage tatsächlich zu sein, Menschen zu beschützen und aus schwierigen Situationen herauszuhelfen. In der Bibel finden wir sogar Berichte, die es durchaus mit einem guten Agentenfilm aufnehmen könnten und in denen Engel Gottes in dieser Mission unterwegs sind, Menschen zu beschützen.

 In Daniel 6 bewahrt ein Engel Gottes den Propheten Daniel zum Beispiel vor den Löwen, denen er zum Fraß vorgeworfen wird. In der Apostelgeschichte (12,7–10) knackt ein Engel den Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses. Mitten in der Nacht befreit er Petrus aus dem Gefängnis. Dieser schläft übrigens so fest, dass ihn der Engel höchst „unengelhaft“ in die Seite boxen muss, um ihn wach zu bekommen. Engel Gottes können also durchaus handfest und ganz menschlich zupacken. Allerdings lässt sich die Vorstellung eigenständiger kleiner Wesen, die jeden von uns umgeben und sofort zur Hilfe eilen, wenn wir uns selbst nicht mehr zu helfen wissen, in der Bibel so nicht finden. Auch der oben zitierte Vers aus Psalm 91,11 gibt diese Sichtweise nicht her.

 Berücksichtigt man nämlich auch den Anfang des Psalms 91, wird klar, worum es hier eigentlich geht: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, der bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen. Ich sage zu dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue!“ Entscheidend in diesem Psalm sind nicht die Engel, auf deren Hilfe der Verfasser des Psalms setzt. Er verlässt sich nicht auf sie und erwartet auch nicht, dass sie von sich aus zur Tat schreiten. Der Verfasser des Psalms weiß, dass es vor allem auf Gott ankommt. Er ist derjenige, der Zuflucht bietet und immer helfen kann. Die Engel sind letztlich nur Beauftragte Gottes. Sie sind wie Agenten. Gott aber ist ihr Auftraggeber. Wenn Engel also nur ausführen, was ihnen von höherer Stelle befohlen wird, ist es immer gut, sich direkt an ihren Auftraggeber zu wenden.

Dementsprechend spielen Engel in der Bibel eher eine untergeordnete Rolle. Die entscheidende Botschaft aber ist: 

Wer auf Gott vertraut, braucht sich nicht zu fürchten! 

Auch das Neue Testament betont, dass es vor allem auf eine Beziehung zu Gott, dem Vater, und zu Jesus Christus, seinem Sohn, ankommt. Gott will uns nah sein, uns begleiten und helfen. Dies tut er auch durch Engel. Entscheidend ist, Gott zu vertrauen. Die Bibel erzählt von vielen Personen, die eine persönliche Beziehung zu Jesus und zu Gott hatten. All diese Personen haben gemeinsam, dass sie Gott ihr Leben anvertraut und erlebt haben, dass es sich lohnt! Das bedeutet zwar nicht, dass sie dadurch ein einfaches Leben und keine Probleme mehr haben. Auch sie haben zum Teil schwere Zeiten durchgemacht. Aber sie haben erlebt, dass Gott sie begleitet und durchgetragen hat. 

Mit diesen Gedanken grüßt Sie, 

Ihr Thomas Buchert, Pfr.

 

Bild: Pfarrbriefserver, Martina Neugebauer Renner

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