Pfarrei Bellheim

“Fronleichnamsprozession – Ein Bitt- und Dankgang” von Pfr. Buchert

Demonstrationen sind heutzutage an der Tagesordnung. Da passt was nicht in mein Konzept und schon tue ich das auch gleich lautstark kund. Ob es anderen passt oder nicht, schließlich hab ich ja ein Recht darauf. Wie Demonstrationen dann ausarten können, erleben wir fast wöchentlich.

Am kommenden Fronleichnamsfest machen sich Christen auf der ganzen Welt, in ihren Pfarreien, wieder auf den Weg zu einer Prozession. Ein kirchlicher Bitt- oder Dankgang. Auf der einen Seite lautstarker Protest und Forderung, auf der anderen Seite: Danken und Bitten. Aber: Wofür? Ich hab doch ein Recht auf … ! Wieso soll ich danken und bitten? Zunächst ist die Prozession ein öffentliches Bekenntnis der Gegenwart Jesu Christi im Sakrament (Zeichen) der Eucharistie (des gewandelten Brotes), in seinen Leib. Als Christen glauben und vertrauen wir darauf, dass Jesus Christus bleibend unter uns gegenwärtig ist im Zeichen des eucharistischen Brotes. „Das ist mein Leib – für euch!“ sagte Jesus im Abendmahlsaal.

Mit dem Verstand allein können wir dieses Vermächtnis nicht begreifen. Aber mit dem Herzen! Das Herz des Menschen ist Zeichen und Ausdruck für seine Mitte und für seine Gefühle, besonders das der Liebe. Etwas “mit Herz“ schenken, oder “sein Herz an etwas hängen“, das bedeutet: Etwas gern haben, etwas lieben. So haben wir ein Herz für Kinder, ein Herz für Tiere, ein Herz für unsere Mitmenschen, usw.

Woher kommt dieses Gefühl der Liebe in uns? Vor allem von dem, der die Liebe ist, von Gott! Ihm ist der Mensch und die ganze Schöpfung ans Herz gewachsen. In Liebe und aus Liebe hat Jesus Christus sich den Menschen zugewandt, um letztlich die Liebe Gottes sichtbar und spürbar zu machen, in erster Linie für die, die im Leben scheinbar zu kurz gekommen sind. Sie waren und sind offen für diese Liebe.

Der Mensch, der in seinem Leben die Nähe Gottes und seine Liebe erkannt hat und spürt, kann nur mit dem Herzen antworten: Eben bekennend, glaubend und liebend. Nicht zuletzt auch gegenüber dem Sakrament, dem Zeichen des eucharistischen Brotes, in dem er selbst unter uns gegenwärtig ist und das nicht selten dann, wenn keiner sonst mehr da ist. Gott nimmt uns aber auch in die Verantwortung, damit wir eben nicht einfach nur so vor uns hinleben, konsumieren und ausnutzen, sondern dass wir unser Leben achtsam und sinnvoll gestalten, eben in Verantwortung vor ihm, unserem Gott und seiner Schöpfung. D.h.: Liebevoll im Umgang mit unseren Mitmenschen, achtungsvoll im Umgang mit seiner Schöpfung und schließlich verantwortungsbewusst mit den Rohstoffen und den Gütern der Erde.

Verantwortung, Achtsamkeit und Liebe sind Haltungen und Lebenseinstellungen, die Jesus Christus mit Inhalt gefüllt hat, und die in unserer Zeit oft hinten anstehen, weil das Ich und der eigene Nutzen und Vorteil im Vordergrund stehen. Dass aber Egoismus, Ausbeutung und Machtkämpfe uns nicht weiter bringen, wird uns beim Blick in die Geschichte der Menschheit deutlich bewusst. Auch, dass die Geschichte lehrt, dass der Mensch aus seinen Fehlern nichts lernt. Aus eigener Kraft kommen wir aus diesem Dilemma nicht heraus.

Da nützt auch das höchste Gipfeltreffen nichts, wenn doch am Ende jeder sein Schäfchen ins Trockene bringen will, in dem er Bedingungen und Grenzen aufstellt. Was können wir tun? Ich denke, festhalten an der dankbaren Erinnerung an Jesus Christus und seiner Botschaft und schließlich ihn bitten, dass er uns die Kraft und Einsicht gibt, zum Umdenken, dort wo es nötig ist. Das ist schließlich auch der tiefere Sinn von Fronleichnam: Erinnerung, Bekenntnis und Bitte. Erinnerung an seine Gegenwart auch in unserer Welt und Zeit.

Das Bekenntnis zu ihm und seiner Botschaft und letztlich das Bitten, um seinen Segen, für uns Menschen und die Schöpfung. Wenn wir wieder lernen im Glauben zu erkennen, dass Gott unter uns gegenwärtig ist, dann können wir auch entsprechend leben. Nicht aus Angst, sondern achtsam und liebend. Wenn uns das, ein wenig nur, in unseren Familien, Gemeinden und Gemeinschaften wieder gelingt, wäre das wirklich der Gipfel! Und das könnten wir dann auch getrost nach außen hin an Fronleichnam demonstrieren!

 

Th. Buchert, Pfarrer