Pfarrei Bellheim

Vorweg: “Die Liebe ist stärker als der Tod” von Pfr. Buchert

Eine Frau, weit über 80 und bis auf wenige körperliche Beschwerden noch äußerst agil und vor allem geistig absolut auf der Höhe, erzählte mir, dass sie sich jeden Abend, beim Gebet, mit ihrem Mann unter hält, der schon vor 30 Jahren verstorben ist. Sie erzählt ihm, wie ihr Tag so verlaufen ist, was sie alles beschäftigt und fragt ihn manchmal auch um Rat, ganz so, als würde ihr Mann ihr tatsächlich gegenüber sitzen. „Ja“, sagte sie, „ich weiß ganz genau, sodass er mir zuhört und ich spüre, dass er mir eine Antwort gibt. Ich spür das in meinem Innersten, da bin ich mir sicher!“

Man könnte vielleicht jetzt sagen, nun ja, diese Frau ist anscheinend mit zunehmendem Alter eben doch ein wenig wunderlich oder sentimental geworden… Ich bin davon überzeugt, dass diese Frau sich die Gespräche mit ihrem Mann nicht einbildet. Zeitlebens hat sie ihren Mann geliebt, sodass sie ganz einfach sicher ist: Der körperliche Tod konnte dieser Beziehung, dieser Liebe, nicht schaden. Auch wenn sie jetzt so lange schon körperlich voneinander getrennt sind, sind sie doch miteinander geistig in Kontakt. Liebe geht eben doch auch über den Tod hinaus. Und wo Liebe ist, ist immer Licht.
Am ersten Tag dieses dunklen und für viele Menschen eher bedrücken den Monat November, kennt die Kirche einen hellen Lichtpunkt, ein leuchtendes, ein geradezu österliches Fest: Allerheiligen. Wir denken an all diejenigen, die es schon geschafft haben und uns einen wesentlichen Schritt im Leben voraus sind.

Oft genug wurden uns die Heiligen als schier unerreichbare Vorbilder beschrieben, die halt gar nicht mehr so recht hereinpassen wollen in unsere moderne und immer komplizierter werdende Welt. Vielfach wurden die Heiligen auch unter dem Schutt allzu frommer Legenden förmlich begraben. Nicht zuletzt deshalb schweben uns von den Heiligen und ihrem Lebensstil vielleicht manches mal Bilder vor, die wir mit unserem ganz normalen Alltag nur noch schwer oder gar nicht in Verbindung bringen können.

Die heilige Theresia von Lisieux (1873 bis 1897), die zu ihren Lebzeiten, als sie sicher noch nicht geahnt hat, dass sie einmal selbst in die Schar der Heiligen gehören sollte, hat einmal gesagt: „Ich glaube fest und unerschütterlich daran: Die Heiligen haben für unser alltägliches Leben mit seinen Sorgen und Nöten großes Mitgefühl. Denn sie haben die gleichen Fehler gemacht und die gleichen Kämpfe durchgestanden. Ihre Liebe dort drüben wird jetzt noch viel größer sein, als sie auf Erden schon war. Niemals hören sie auf, Foto: Wikipedia © Peter Weidemann, in: pfarrbriefservice.de 3 uns zu beschützen und für uns da zu sein!“ Wir Menschen von heute tun uns manchmal ein wenig schwerer mit den Heiligen, als Menschen früherer Generationen. Für sie war es etwa noch ganz selbstverständlich, die Heiligen in den verschiedensten Sorgen und Nöten um Hilfe und Fürsprache anzurufen. Die Frage, ob Heilige tatsächlich et was für uns tun können, und ob es sie überhaupt gibt, ist doch einmal eine Überlegung wert, wie ich mein

Heilige, so unter schiedlich sie auch immer waren und sein mögen, haben eines gemeinsam: Ihr Reden und Tun war im Grunde immer geprägt und getragen von einer großen Liebe zu Gott, die ihr Antrieb war und offensichtlich auch stärker war, als der Tod. Nichts anderes als die Liebe ist es doch auch, die unsere Verbindung zu unseren Verstorbenen und zu Gott am Leben hält.

Wie oft bilden wir uns ein, er, Gott, wäre unendlich weit von uns entfernt, und doch ist er uns näher als wir manchmal uns selber sind. Freilich, kann und darf der Kontakt mit den Heiligen niemals das persönliche Gebet zu Gott und das Gefühl seiner Nähe ersetzen. Aber die Heiligen können unsere Wege in dieser Welt und einmal auch unseren letzten Weg hinüber zum Vater durchaus begleiten. Sie können für uns wie eine Art Leitplanken oder Wegweiser auf der Brücke, hinüber zur Ewigkeit, werden. Und hier kommt mir als Bild etwa die Engelsbrücke in Rom oder die Karlsbrücke in Prag in den Sinn, beide sind gesäumt von Engels- und Heiligenfiguren, die hinweisen auf diese „Brückenfunktion“ dieser besonderen Menschen, die uns schon vorausgegangen sind und dennoch täglich an unserer Seite stehen.
Wenn wir dieser Tage an den Gräbern unserer Verstorbenen stehen, dann denken wir ja auch an Menschen, die uns ein Stück weit „heilig“ geworden sind.

Ein Gebet des französischen Priesterdichters Michel Quoist, der über die Toten folgendes geschrieben hat, soll meine Gedanken zu Aller heiligen abschließen: „In dir, o Herr, höre ich sie, die mich rufen, sehe ich sie, die mich einladen, höre ich sie, die mich beraten. Ich begegne ihnen, wenn ich dir begegne. Ich nehme sie in mich auf, wenn ich dich aufnehme. Ich trage sie, wenn ich dich trage. Ich liebe sie, wenn ich dich liebe. O all ihr Verstorbenen, helft mir, dass ich es in meinem kurzen Leben lernen darf, ewig zu leben. Ich wünsche uns allen etwas von dem großen Vertrauen, das aus diesen Worten spricht.

Ihr Pfarrer Thomas Buchert